Irgendwann mitten im Gespräch, ganz beiläufig, erwähnt Peter Glasmacher, dass er das Internet mitentwickelt hat. Mitte der Achtziger war das, als er noch Student in Stanford war. Peter Glasmacher hängt es nicht an die große Glocke, vielmehr ist es eine von Hunderten ungewöhnlicher Geschichten, die er erzählen kann.

Die Geschichte mit Steve Jobs ist auch so eine, den er schon persönlich getroffen hat, damals, noch vor dem riesigen Apple-Boom. Oder die Geschichte davon, dass er schon mit Menschen auf den einsamsten Inseln in der Karibik und in den abgeschiedensten Stationen der Antarktis gesprochen hat. Geschichten, die der 60-Jährige nie erlebt hätte, wenn seine Leidenschaft nicht wäre: die Nachrichtentechnik. Seine ganze Energie investiert er in ein Hobby, das von vielen nur milde belächelt wird. Denn Peter Glasmacher ist Funkamateur.

** Unscheinbares Haus mit riesigen Antennen **
Über eine ungewöhnlich steile Treppe gelangt man in die kleine Welt von Peter Glasmacher. Von außen ist das Haus in Dortmund-Aplerbeck völlig unscheinbar, lediglich die riesigen Antennen auf dem Dach zeugen von Glasmachers Faible. Drinnen, im Funkraum, stapeln sich Sender, Empfänger und Verstärker, Mikrofone und Morseapparate, dazwischen Platinen, Kabel und Mikroprozessoren. Von hier aus kommuniziert Peter Glasmacher, Funkname DK5DC, mit der ganzen Welt.

Allein in den letzten beiden Tagen hat er mit Nicaragua, Vietnam, den Malediven und Gambia gefunkt, hat Morsezeichen nach Tadschikistan, Madagaskar, Kolumbien und auf die Bahamas geschickt. Sogar an der Mondoberfläche haben seine Funkwellen schon gekratzt.

80.000 Funkamateure gibt es in Deutschland, eine ganz eigene Szene, die mit vielen Vorurteilen belastet ist. Zugegeben, der klassische Funkamateur ist schon eher introvertiert, das Hobby findet vorwiegend in dunklen Kämmerchen statt. Das schreckt die meisten Leute ab, für viele ist Peter Glasmacher ein komischer Kauz. Sie fragen sich, aus welchem Grund sich jemand stundenlang vor ein Funkgerät hockt und nichts tut, außer zu funken. Die Antwort ist denkbar einfach: Aus demselben Grund, warum sich Millionen andere Menschen stundenlang vor den Bildschirm hocken und nichts tun, außer sich auf Facebook rumzutreiben: die Lust auf Kommunikation. Die Lust, mit Menschen zu kommunizieren, ganz egal, wo auf dem Erdball sie gerade sein mögen.

** Funker sind leicht verrückt **
Natürlich muss man als Funkamateur ein Technikfan sein. Und natürlich sind alle Funkamateure leicht verrückt, leicht sonderbar, leicht eigenartig. Aber nicht verrückter, sonderbarer oder eigenartiger als Menschen, die im Keller an ihren Modelleisenbahnen rumbasteln oder fein säuberlich ihre gesammelten Briefmarken sortieren.

Der Begriff „Amateur“ unterstellt den Funkern außerdem immer eine gewisse Unkenntnis. Doch völlig zu Unrecht: Will man rund um die Erde funken, muss man sich mit Sonnenflecken auskennen und mit Satellitenbahnen, mit Geophysik, magnetischen Stürmen und mit jeder Facette der Nachrichtentechnik.

Peter Glasmacher kennt sich aus. Seit 40 Jahren arbeitet er bei IBM, Nachrichtentechnik ist genau sein Ding. Als er in den Achtzigern in Kalifornien studierte, schickte das US-Verteidigungsministerium zwei Millionen Zeilen Code, die Glasmacher und Kommilitonen zu Protokollen verarbeiteten, auf denen das heutige Internet basiert. Dank seiner Leidenschaft wurde Peter Glasmacher auch der erste Auslandskorrespondent der Computerzeitschrift „c’t“, für die er schon vor Jahrzehnten Steve Jobs interviewte.

Kennt man sich so gut aus wie Peter Glasmacher, ist es eine Sache von Sekunden, in die hintersten Winkel der Welt zu funken. Bleibt nur die Frage: Worüber unterhält man sich denn eigentlich? „Och, hauptsächlich über Technik“, sagt Peter Glasmacher. „Und über’s Wetter“. Außer mit Marlon Brando. Mit dem hat Peter Glasmacher damals ein wenig länger gefunkt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Text: Mats Schönauer