Und Cyril F. Evens wird nicht mehr geweckt. Der Dritte Offizier, Groves, der gern in die Funkbude zu Besuch kommt, hat sich zwar auf der Suche nach etwas Interessanten die Kopfhörer aufgesetzt, weiß aber nicht, daß man den Magnetdetektor der Station wie ein Uhrwerk aufziehen muss; deshalb hört er überhaupt keine Signale. Auf der "Californian" sieht man immerhin die Leuchtraketen, die die "Titanic" abfeuert, misst dem aber keine Bedeutung zu: Vielleicht soll das eine Art Feuerwerk sein, denn es sind weiße Signallichter. Die als Notsignal dienenden roten Lichter hat die "Titanic", als unsinkbares Schiff, gar nicht erst an Bord. Außerdem hält Kapitän Stanley Lord das Schiff, voraus in der Dunkelheit, für einen gewöhnlichen Frachter. Die "Titanic" hatte nämlich eine ungenaue Positionsmeldung abgegeben. Ein Rätsel, das bis heute nicht geklärt ist: Lag dort vielleicht ein anderes Schiff? - Dann wäre verständlich, warum der Kapitän der "Californian" nicht glauben wollte, die "Titanic" vor sich zu haben – und warum er ihr nicht zur Hilfe eilte.

00 Uhr 26: Aus dem Bericht von Harold Bride: "Dann erreichten wir endlich ein Schiff. Es war die 'Frankfurt', und wir gaben ihr unsere Position und funkten, daß wir einen Eisberg gerammt hatten und Hilfe brauchten. Der Spaß verging uns erst, als wir merkten, daß die 'Titanic' tatsächlich zu sinken begann. Zum Glück erreichte Phillips jetzt ein zweites Schiff, das uns zur Hilfe eilen konnte, die 'Carpathia'."
Die "Carpathia" ist ein Schiff der "Cunard Lines", unter dem Kommando von Arthur Rostron. Position: 58 Meilen südöstlich der "Titanic".
"Phillips sagte, ich solle den Käptn verständigen, und als ich rausging, sah ich, daß in den Gängen ein schreckliches Gedränge und große Unruhe herrschte. Ich erstattete Meldung über unseren Kontakt mit der 'Carpathia' und kämpfte mich zurück in den wireless room. Phillips sagte: 'Zieh dir was Warmes an!' Ich merkte jetzt erst, daß ich immer noch so rumlief, wie ich aus der Koje geklettert war. Ich zog mich also in unserer Kabine um und brachte Phillips einen warmen Mantel mit. Er funkte ohne Unterbrechung weiter, während ich ihm den Mantel umhängte."

00 Uhr 25: Smith gibt die Order: Frauen und Kinder in die Rettungsboote. Für die 2.224 Personen an Bord gibt es nur 1.178 Plätze in Rettungbooten.
CQD CQD MGY Benötigen raschest Hilfe. Position 41 46 Nord 50 14 West.
CQD CQD MGY Wir sinken Bug voran. 41 46 Nord 50 14 West Kommt raschestmöglich

"Alle paar Minuten schickte mich Phillips zum Käptn, Meldung erstatten. Als ich zum vierten oder fünften Mal zurückkam, fiel mir auf, daß man Frauen und Kinder in die Rettungsboote schickte. Phillips sagte: 'Unsere Signale werden schwächer.' – Wie zur Bestätigung kam der Käptn vorbei und sagte, der Maschinenraum nehme Wasser auf, und die Dynamos würden wohl nicht mehr lang Kraft abgeben. Wir sollten das der 'Carpathia" melden."
MGY an MKC, Olympic: Frauen und Kinder in den Booten. Können nicht mehr lang durchhalten.
MGY an MBC, Baltic: Maschinenraum unter Wasser.
MGY an MKC: Maschinenraum zur Gänze überflutet.


O1 Uhr 35: "Jetzt hatte Phillips Kontakt mit der 'Olympic' aufgenommen. Er funkte, die Lage sei ernst, und ich legte ihm währenddessen seine Schwimmweste an. Dann fragte ich ihn: 'Soll ich dir nicht besser deine Stiefel holen?' Er lachte nur und sagte: 'Hilf lieber denen draußen!' – Das Wasser schwappte mitttlerweile über das Bootsdeck. Ich sah, wie zwölf Leute sich abmühten, ein Rettungsfloß klar zu machen. Ich half ihnen. Erst als sie ablegten, merkte ich, daß dies das allerletzte Rettungsfloß an Bord gewesen war."

02 Uhr 05: Noch befinden sich auf dem Schiff mehr als 1.500 Personen. Das Wasser reicht bis zehn Fuß unter das Promenadedeck. Die Schräglage des Schiffes nimmt zu.
"Ich ging also zurück zu Phillips. Und kam gerade zurecht, wie der Käptn sagte: 'Leute, ihr habt eure Pflicht erfüllt. Mehr konntet ihr nicht tun. Ich entbinde euch aller weiteren Verpflichtungen. Das ist das einzige, was man in einer solchen Situation noch tun kann. Von nun an muß jeder für sich selbst sorgen.' – Schon war das Bootsdeck unter Wasser. Phillips sendete weiter, noch zehn oder fünfzehn Minuten lang, dann gings einfach nicht mehr. Wir hatten zu viel Wasser im Raum."

02 Uhr 15: Das letzte Schiff, das eine verstümmelt Meldung der "Titanic" aufnimmt, ist die "Virginian", MGN. Das Heck der "Titanic" ragt hoch aus dem Wasser.
"Wir gingen raus und Phillips lief nach achtern, und das war das letztemal, daß ich ihn lebend sah."

02 Uhr 17: Der Bug der "Titanic" beginnt zu versinken und nimmt Hunderte Passagiere mit in die nasse Flut

02 Uhr 18: Zwischen dem dritten und vierten Schornstein birst der Rumpf.

02 Uhr 20: Das Heck der "Titanic" versinkt, fast senkrecht stehend in den Wellen.

Harold Bride wird von einer Welle von Bord gespült, treibt auf dem Meer, wird vom Rettungsboot B entdeckt und aufgefischt. Gegen fünf Uhr früh werden er und die anderen 27 im Boot von der "Carpathia" gerettet – als einer der nur 705 Überlebenden. Er beendet seine Tätigkeit als Schiffsfunker kurz nach dem Ersten Weltkrieg, zieht sich in die Anonymität zurück und stirbt 1956 in Schottland.
Jack Phillips stirbt an Unterkühlung; entweder – die Berichte weichen hier voneinander ab – ebenfalls im Rettungsboot B oder in dessen unmittelbarer Nähe.

 

Quelle: dokufunk.org

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16.02.2012
 
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